29.09.2005

Nur Blut ist gut?

Doom 3
USA 2004.
Entwickler: id Software 


Von Spielern weltweit schon lange erwartet, erschien im August 2004 Doom 3 von id-Software. Der erste Teil der legendären Doom Trilogie erschien bereits 1993, und löste eine Lawine von Nachahmern aus, die alle seinen morbiden und okkulten Stil kopieren wollten. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ließ sich nicht lange bitten, und setzte am 31.05.1994 Doom und am 31.12.1994 den offiziellen Nachfolger "Doom II - Hell on earth" auf den Index.

Dreidimensionale Spiele in der Ego-Perspektive gab es schon eine lange Zeit, zumindest seit Ataris "Battlezone" von 1981. Natürlich war seitdem die Technik nicht stehengeblieben, und so kann Doom 3 heute mit einem wahren Ton- und Graphikfeuerwerk aufwarten. Wie gehabt, ist Doom 3 genau wie seine Vorgänger ein Ego-Shooter, man betrachtet also die diegetische Welt des Spiels unmittelbar durch die eigenen Augen, so als wenn der optische Betrachtungspunkt aus dem prothesenhaften Monitor herausragen würde und auf den Spieler überginge. So kann natürlich eine besonders starke Immersion des Spielers erfolgen, jedoch kann man auch seinen Avatar manchmal sehen, so zum Beispiel in Cutscenes oder auch in Spiegeln. Die Handlung des Spiels ist eher zweckmäßig, versteht es sich doch sogar als Remake des ersten Teils. So kommt der Avatar, also der Repräsentant des Spielers in der diegetischen Welt des Spieles, als Rekrut der Sicherheitstruppen eines riesigen Konzerns, der UAC, in eine Forschungsstation, welche auf dem Mars liegt. Es gibt nur einen kurzen einführenden Film über das Eintreffen des Frachters, und sogleich übernimmt der Spieler die scheinbare Kontrolle. Die ersten Aufträge gestalten sich simpel, so muss der Spieler seinen Avatar zur Zentrale der Truppen bewegen, oder einen verschollenen Wissenschaftler suchen. Doch das bleibt natürlich nicht so, denn schon bald läuft in der Forschungsstation etwas schief, und die Tore zur Hölle öffnen sich.

Von diesem Moment an, zeigt Doom 3 sein tatsächliches Angesicht: es wird geballert gemetzelt, gemordet, zersägt, geschlagen, gesprengt...und der rote Saft fließt in Strömen. Doom 3 selber versteht sich als Horror-Spiel, und übernimmt dementsprechend viele Konventionen aus der Welt des Films. So bewegt der Spieler den Avatar zumeist in Dunkelheit, nur spärlich beleuchtet durch eine Taschenlampe, die man zu allem Unglück noch nicht einmal gleichzeitig zur Waffe halten kann...also gibt es hier nur die Entscheidung zwischen dem aufdeckenden Licht oder der Sicherheit verleihenden Waffe. Doom 3 ist stark gescriptet, so geschehen immer vorprogrammierte Ereignisse, auf die der Spieler keinen Einfluß hat. Monster kommen durch die Decke, materialisieren sich direkt vor dem Spieler, die Köpfe armer Opfern machen sich plötzlich selbstständig und reißen mitsamt Wirbelsäule aus dem Körper heraus, um sogleich den Avatar des Spielers attackieren zu können, während höhnisches Gelächter aus den Boxen schallt. O-Ton eines Bekannten von mir: "Das kann ich aber aus nervlichen Gründen nicht länger als ne Stunde pro Tag zocken..." Die Schockeffekte funktionieren, nie weiß der Spieler, was seinen Avatar als nächstes erwartet.

Kybernetisch ist alles beim alten geblieben, man steuert seinen Avatar wie immer per frei belegbarer Tastatur und Maus, und mit letzterer wird auch die wie in Ego-Shootern üblich, frei positionierbare und subjektive Kamera gesteuert.

Die Handlung des Spieles ist quasi nicht existent, ab und zu werden ein paar cutscenes in der Game-Engine gezeigt, aber eine wirkliche narrative Struktur lässt sich kaum feststellen. Dies finde ich sehr schade, denn das ist in meinen Augen nicht mehr der heutige Standart. Vor allem in solchen Prestige-Produkten erwarte ich doch mehr als nur eine aufgesetzte und schlichtweg überflüssige Handlung. Vor allem, da es bei Doom 3 auch nicht gerade zimperlich zur Sache geht, würde ich meine Akte der grenzenlosen Brutalität schon gerne zumindest ansatzweise motiviert wissen.

Schon Jean-Luc Godard sagte einst, dass der Film die Wahrheit zeige, und zwar 24-mal pro Sekunde. Beim Videospiel ist dies eher anders, hier werden Fiktionen präsentiert, und das idealerweise mindestens zweieinhalb mal so schnell. Der Spieler, der das Spiel beginnt, akzeptiert in diesem Moment die Fiktion und erkennt sie als solche an. Genauso stimmt er zu, den Regeln des Spiels zu folgen. Viel wurde schon über die Zweckfreiheit des Spiels geschrieben, und selten war diese zutreffender als bei Doom 3. Dieses Spiel hat mich für eine kurze Zeit recht gut unterhalten, aber es mangelt einfach an Abwechslung. 1993 fand ich es noch spannend, mit meinem Avatar durch finstere Verliese zu laufen und die Kreaturen der Hölle ihrem verdienten Ende zuzuführen, aber 11 Jahre später kann mich dies nicht mehr befriedigen. Eine tolle Graphik, kombiniert mit einem bombastischen Sound reicht einfach nicht mehr, wenn das darunter versteckte Spiel einfach langweilig ist.

Autor: © http://www.weltdermedien.de 2005