03.10.2005

Mein Schatz, mein Blut

Million Dollar Baby
USA, 2004.
Regie: Clint Eastwood


Dieser Film war der große Gewinner der letzten Oscar-Verleihung, insgesamt vier der goldenen Statuen gingen in verschiedenen Kategorien wie "bester Film", "beste weibliche Hauptrolle" und "beste Regie" an die Crew des Dramas.

Ich persönlich halte nicht allzu viel von der Oscar-Verleihung, denn mir ist der kommerzielle Aspekt dieser Selbstbeweihräucherung Hollywoods zu deutlich ausgeprägt. Aber um nicht zuviel zu verraten: dieser Film hat tatsächlich jeden einzelnen Preis verdient.

"Million Dollar Baby" ist rückblickend mit narrativen Voice-Overs aus dem Off erzählt, und dramaturgisch klassisch in drei Teilen inszeniert. Zu Beginn werden die handelnden Charaktere präsentiert, zwei alternde Männer, die gemeinsam eine Trainingshalle für Boxer leiten (Clint Eastwood und Morgan Freeman), und natürlich Maggie Fitzgerald (dargestellt von Hilary Swank), eine 30 Jahre alte Kellnerin, die sich ihren Lebenstraum erfüllen und Boxerin werden möchte. In dieser Exposition wird weniger der Schwerpunkt auf die Vorgeschichte der Protagonisten gelegt, als dass ihre Eigenschaften als Menschen herausgestellt werden. Dies zeigt schon früh den eigentlichen Fokus des Films, nämlich Menschen und ihre manchmal eigentümlichen Beziehungen zueinander. Dieses Hauptaugenmerk von "Million Dollar Baby" zeigt sich auch ganz klar in der Inszenierung, die nur ein Mindestmaß an Schauplätzen und Ausstattung benötigt. Es gibt keine Special Effects, keine ausladenden Landschaftsbilder oder Establishing-Shots, denn der Regisseur Clint Eastwood konzentriert sich auf das, was ihm wohl am wichtigsten erschien: die Charaktere.

Die Handlung entfaltet sich, als Maggie Fitzgerald mit dem Training beginnt, und erste Kämpfe im Ring erfolgreich absolviert. Der Höhe- und Wendepunkt in der Geschichte ist die Erfüllung eines Traums für alle Protagonisten: der Kampf um die Meisterschaft. Dies führt konsequenter Weise zur Katastrophe, die ich hier allerdings nicht verraten möchte.

Schon von Beginn an entfaltet der Film einen melancholischen Unterton. Das Dreiergespann Swank, Eastwood und Freeman vermag es jedoch, den Zuschauer von der ersten Minute an zu faszinieren und eine positive Atmösphäre zu kreieren. Besonders die Skurrilität in den Gesprächen der beiden alternden Freunde lockert die insgesamt düstere Stimmung des Films an vielen Stellen auf, vermag aber nicht das allseits präsente, bedrohliche Gefühl vollends zu vertreiben. Im Subtext des Filmes könnte man eine deutliche Kritik am Klassensystem der Gesellschaft lesen. Wer aus der sozialen Unterschicht stammt, vermag es trotz aller Anstrengungen nicht, diese zu einem besseren Leben hin hinter sich zu lassen. Die wahren Wunden holen sich die Charaktere dieses Films nicht im Ring, sondern im Alltag. Körperliche Wunden heilen, seelische Narben allerdings schmerzen auf ewig. Die durch zerbrochene Familien erfahrene Prägung kann eine Mensch niemals hinter sich lassen, auch wenn er sich selber eine kleine Ersatzfamilie erschafft, wie es die Figuren in "Million Dollar Baby" tun. Die Determiniertheit der Menschen führt also immer in den Untergang.

So entfaltet sich ein emotionaler Parforce - Ritt der Extraklasse, dem sich wohl kaum jemand entziehen kann. Der Grat zwischen Glück und Trauer ist schmal, und das Schicksal schlägt allzu oft erbarmungslos zu. Das "Million Dollar Baby" ist kein weiblicher "Rocky"(Avildsen 1976). Auch wenn die Vermutung nahe liegt, boxt dieser Film doch in einer ganz anderen Klasse. Denn wo bei "Rocky" die Abbildung eines sozialen Milieus überwiegen, wendet sich Eastwoods Film vom stereotypen Thema des aufsteigenden Underdogs ab und führt den Zuschauer in einen dunklen Fatalismus.

"Million Dollar Baby" ist tatsächlich ‚one in a million', und somit ein filmisches Meisterwerk, welches sich niemand entgehen lassen sollte.

 

Autor: © http://www.weltdermedien.de 2005